- Mit dem Fahrrad auf Reisen:
Norwegen
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Wohl in keinem anderen
europäischen Land findet man eine so vielfältige und
kontrastreiche Landschaft vor wie in dem vom Skagerrak bis zum
Nordkap reichenden Land der Mitternachtssonne. Tiefe Fjorde,
blauschimmernde Seen, endlose Nadelwälder und wie mit
Puderzucker bestreute Berge unter dramatischen Wolkenformationen –
diese Bilder erscheinen vor unserem geistigen Auge in Verbindung mit
Norwegen. Und das Wunderbarste ist: Alle diese Träume sind
wahr. Auf Schritt und Tritt fährt der Radreisende an
Wasserfällen, Seen, Bergen und tiefblauen Fjorden mit
vorgelagerten Inseln vorbei.
Norwegen ist ein Land der
Superlative. Würde man es an seiner Südspitze um 180°
drehen, dann läge das Nordkap im Mittelmeeer. Norwegen ist ein
„Meeresland“, überall prägt die nahe See das
Wetter, die Landschaft und die Menschen. Norwegen lebt vom Meer.
Nichtsdestoweniger besteht es zu mehr als zwei Dritteln aus Bergen
und Hügeln. Norwegen ist neben Island das am dünnsten
besiedelte Land Europas. Wer Einsamkeit und Natur pur erleben will,
ist hier mit Sicherheit richtig. Als Fahrradreisender stellt man
auch bald fest, daß es sich auf Norwegens Straßen sehr
angenehm fahren lässt. Auf den Reichsstraßen gibt es nur
wenig Verkehr, und die Straßenbeläge haben sich seit dem
Ölboom von dem Ruf der Schotterpisten befreit.
Fahrradreisen
ist die beste Form des Erlebens der faszinierenden Eindrücke,
die das Land bereithält. Das liegt nicht nur an der optimalen
Erlebnisgeschwindigkeit, nicht nur am Genuss physischer Betätigung
in klarer Luft, sondern auch an den visuellen Reizen, die den
Radfahrer ständig aufs Neue herausfordern.
Aber gibt es
bei all diesen Verlockungen nicht auch einen Haken? In der Tat,
Norwegen ist vom Relief her kein ideales Fahrradland, wie man es
sich landläufig vorstellt. Radtouristen sollten sich bewusst
sein, dass die Höhenunterschiede teilweise sehr groß sind
und gewisse Anforderungen an den physischen Leistungswillen des
Radlers stellen. Besonders im Westen (Vestlandet) wird die Ausdauer
auf eine harte Probe gestellt. Auch ein angemessen ausgestattetes
Rad ist nicht der Weisheit letzter Schluss, entscheidend ist
vielmehr die innere Einstellung, die Berge nicht nur als
unbezwingbare Wand, sondern als Ort höchster Genüsse auf
dem Sattel zu sehen. Wer sich von dem „inneren Schweinehund“
emanzipiert, der wird im Bergfahren keinen ständigen Kampf
sehen, sondern in seinem ureigensten Rhythmus die Straße
emporkurbeln. Der Lohn wird um so größer sein, eine
grandiose Schnee-Berglandschaft umhüllt den Emporkömmling,
und stundenlange Abfahrten warten am anderen Ende der Tour.
Im
norwegischen Alltag spielt das Fahrrad nur eine untergeordnete
Rolle. Aus diesem und anderen Gründen ist für eine
Radreise durch Norwegen einige logistische Vorbereitung vonnöten.
Dieser Fahrradreiseführer gibt Hinweise hierzu und stellt
Norwegens fünf Hauptregionen Østlandet, Vestlandet,
Sørlandet, Trøndelag und Nord Norge vor. Der
Schwerpunkt dieses Buches liegt aus mehreren Gründen in dem
Bereich südlich von Trondheim, obwohl auch der Norden seine
Reize hat. Für die ausführlichere Darstellung der
südlichen Hälfte Norwegens sprachen folgende Punkte: Im
Norden ist die Witterung fahrradunfreundlicher (kühl und
häufige Niederschläge), die Entfernungen sind gewaltig,
die gesamte Infrastruktur ist wesentlich dünner, und die
Straßen sind schlechter. Nicht zuletzt ist der Süden mit
seinen großen Gebirgen und Talungen, mit seinen Bewohnern und
deren kulturellen Leistungen insgesamt interessanter –
zugegebenermaßen eine subjektive Bewertung.
Aber auch
die Nordnorwegenfreunde finden in diesem Buch einige Hinweise und
Etappenvorschläge. Norwegen ist kein einfaches Fahrradland,
aber wer es wagt, der wird immer wieder kommen.
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